Psychotherapeutische Sprechstunde
Pflicht-Sprechstunde für Therapeuten und Patienten
Seit dem 1. April 2017 sind Psychotherapeuten gesetzlich dazu verpflichtet, die sogenannte psychotherapeutische Sprechstunde anzubieten.
Nach Ablauf einer Übergangsfrist sind seit dem 1. April 2018 — bis auf wenige genau definierte Ausnahmen — auch gesetzlich Versicherte dazu verpflichtet, die psychotherapeutische Sprechstunde aufzusuchen, bevor sie weitere Leistungen wie probatorische Sitzungen, Akutbehandlung oder Richtlinienpsychotherapie in Anspruch nehmen können. Das Erstgespräch in der psychotherapeutischen Sprechstunde umfasst 50 Minuten. Die weiterführenden Leistungen müssen Patienten im Übrigen nicht vom selben Therapeuten in Anspruch nehmen, bei dem sie in der Sprechstunde waren.
Das verpflichtende Angebot einer psychotherapeutischen Sprechstunde hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) mit einer entsprechenden Änderung der Psychotherapie-Richtlinie am 24. November 2017 entschieden. Psychotherapeuten mit einer vollen Zulassung müssen demnach mindestens 100 Minuten Sprechstundenzeit pro Woche anbieten, bei einer halben Zulassung 50 Minuten Sprechstundenzeit pro Woche. Ob die Sprechstunde offen oder mit Terminvergabe ist, bleibt jeder Praxis selbst überlassen. Darüber hinaus müssen in jeder Praxis der Therapeut oder das Praxispersonal 200 Minuten pro Woche telefonisch erreichbar sein, bei halbzeitiger Zulassung 100 Minuten.
Zur Terminfindung können sich Patienten direkt an den Psychotherapeuten wenden oder an die entsprechende Terminservicestelle.
>>Hier finden Sie die Terminservicestellen aller Bundesländer<<
Was ist die psychotherapeutische Sprechstunde?
Die psychotherapeutische Sprechstunde dient in erster Linie dazu, Patienten einen zeitnahen, unbürokratischen Zugang zur ambulanten psychologischen Versorgung zu ermöglichen. Sie ist als erstes orientierendes Angebot gedacht.
In der psychotherapeutischen Sprechstunde soll und darf lediglich eine erste Abklärung erfolgen. Es muss untersucht werden,
- ob und wenn ja, welche seelische Erkrankung vorliegt,
- ob eine Psychotherapie sinnvoll und notwendig ist,
- und ob weitere fachspezifische Hilfen — im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung — sinnvoll und notwendig sind.
Die psychotherapeutische Sprechstunde kann als Einzelbehandlung bei Erwachsenen in Einheiten von mindestens 25 Minuten bis zu sechsmal je Krankheitsfall (insgesamt bis zu 150 Minuten) durchgeführt werden.
Was ist die psychotherapeutische Sprechstunde nicht?
Wie eine normale Sprechstunde beim Hausarzt können Patienten die psychotherapeutische Sprechstunde aufsuchen, sobald sie der Ansicht sind, dass es notwendig ist. Es wird hierfür keine Überweisung benötigt.
Im Gegensatz zum Hausarzt, der bei einer festgestellten Erkrankung bereits in seinem Handlungsspielraum selbst eine Therapie oder Medikation beginnen kann, kann der Psychotherapeut jedoch nicht sofort mit einer Behandlung beginnen. Die psychotherapeutische Sprechstunde stellt also noch keine Psychotherapie oder den Beginn einer Behandlung dar. Sie ist auch keine probatorische Sitzung (Erstgespräch zum Kennenlernen / Probesitzung vor Therapiebeginn).
Ist eine Psychotherapie erforderlich? Die Sprechstunde soll Antworten finden.
Das Gespräch in einer psychotherapeutischen Sprechstunde verfolgt einen unentbehrlichen Zweck: Die Klärung, ob eine psychische Erkrankung besteht, die einer Behandlung bedarf. Um das herauszufinden, wird der Therapeut gezielte schematische Fragen über das vorliegende Problem, den Alltag des Patienten oder bereits erfolgte Therapieversuche stellen. Das kann manchmal etwas unpersönlich auf einen Patienten wirken, ist aber erforderlich, damit der Psychotherapeut eine Diagnose stellen oder zumindest das Vorliegen einer therapiebedürftigen Störung feststellen kann. Auch, wenn ein Patient bereits mit einer “fertigen” Diagnose in die Praxis kommt, muss seit der Strukturreform zuerst dieses abklärende Gespräch stattfinden, bevor eine Leistung beantragt werden kann.
Am Ende der Sprechstunde bekommt jeder Patient einen individuellen Befundbericht, das Formblatt PTV 11 “Individuelle Patienteninformation zur ambulanten Psychotherapeutischen Sprechstunde”. Dieses Dokument enthält das Ergebnis der psychotherapeutischen Sprechstunde, beispielsweise eine Diagnose oder Verdachtsdiagnose, Empfehlungen für zusätzliche diagnostische Abklärungen, Empfehlungen zu geeigneten Therapieformen oder zur Notwendigkeit einer Akutbehandlung. Der Patient kann frei entscheiden, ob er die Empfehlungen einhalten möchte. Erfahren Sie mehr über den Therapie-Ablauf.
Außerdem erhält der Patient eine allgemeine Patienteninformation, das Formblatt PTV 10 “Ambulante Psychotherapie in der gesetzlichen Krankenversicherung”. Es informiert über den Anspruch gesetzlich Versicherter auf eine Psychotherapie, weiter über die zugelassenen Psychotherapieverfahren sowie zum Antragsverfahren. Erfahren Sie auf meiner Website mehr über Kosten und Kostenerstattung einer Psychotherapie.
Ausnahmen: Wann müssen Patienten nicht zur psychotherapeutischen Sprechstunde?
Patienten, die aufgrund einer psychischen Erkrankung in einer stationären Krankenhausbehandlung oder in einer rehabilitativen Behandlung waren, können sofort probatorische Sitzungen oder eine Akutbehandlung erhalten, ohne zuvor eine psychotherapeutische Sprechstunde besuchen zu müssen. Auch bei einem Therapeutenwechsel während einer laufenden Therapie ist kein nochmaliges Erstgespräch erforderlich.
Psychotherapeutische Sprechstunde in leichter Sprache erklärt:
Eine kranke Seele ist unsichtbar.
Eine gesunde Seele ist auch unsichtbar.
Viele Menschen haben gesunde Seelen.
Manche Menschen haben kranke Seelen.
Ein Psycho-Therapeut untersucht die Menschen.
Er fragt die Menschen viele Fragen.
Mit den Fragen findet er die Menschen mit kranken Seelen.
Danach hilft der Psycho-Therapeut den kranken Menschen.
Oder er schickt die kranken Menschen weiter.