Verhaltenstherapie bei Alkohol-Missbrauch
Alkoholkonsum genießt in unserer Gesellschaft eine hohe Akzeptanz, wodurch das Risiko, zu viel oder zu häufig zu trinken für uns alle hoch ist. Der daraus resultierende Alkoholismus weist dabei viele verschiedene Ausprägungen auf. Zwischen Alkoholabhängigkeit und missbräuchlichem oder riskantem Trinkverhalten bestehen viele Abstufungen. Wer eine Therapie gegen Alkoholismus beginnt, kann dementsprechend verschiedene Ziele verfolgen: Die gewünschten Ergebnisse können von totaler Abstinenz bis zu einem gesundheitlich und sozial angemessenem Trinkverhalten reichen.
Die Verhaltenstherapie bei Alkohol-Missbrauch kann als finale Phase der Behandlung erfolgen, um die Therapieerfolge zu stabilisieren und eine langfristige Abstinenz aufrecht zu erhalten. Die Verhaltenstherapie bei Alkoholproblemen kann jedoch ebenso präventiv genutzt werden, um den eigenen Konsum zu reduzieren und die damit verbundenen psychischen oder sozialen Schwierigkeiten zu bewältigen.
Alkoholsucht behandeln: Professionelle Hilfe
In den meisten Fällen von Alkoholabhängigkeit gehen Fachleute und Therapeuten davon aus, dass nur eine dauerhafte Abstinenz das Therapieziel sein kann. Menschen, die jedoch erst seit relativ kurzer Zeit zu viel Alkohol trinken, müssen nicht unbedingt vollständig auf Alkohol verzichten. Manche Patienten können mit Hilfe von Psychotherapie ihren Konsum wirkungsvoll reduzieren und so weit unter Kontrolle bringen, dass sie ein verträgliches Maß des Konsums in ihren Alltag integrieren können. Sie benötigen keinen vollständigen Entzug, sondern sie müssen lernen, ihre emotionale Abhängigkeit von bestimmten Verhaltensweisen zu beenden.
Die Therapie bei starker Alkoholsucht verläuft meist in verschiedenen Phasen – abhängig von der Ausprägung des Verhaltens:
Vorbereitungsphase: Motivation aufbauen
In der Vorbereitungsphase wächst das Bewusstsein des Betroffenen, dass ein problematischer Umgang mit Alkohol vorliegt. Haus- oder Fachärzte, Suchtberatungsstellen oder auch eine Psychotherapie können den ersten Impuls geben, sich über das eigene Konsumverhalten Gedanken zu machen. Die Vorbereitungsphase dient in erster Linie dazu, Motivation aufzubauen, die dem Betroffenen den Beginn einer wirkungsvollen Therapie bei Alkoholsucht ermöglicht.
Entzugsphase: Nur in schweren Fällen von Alkoholismus
Nach der einleitenden Phase kann unter Umständen eine Entzugs- oder Entgiftungsphase folgen. In dieser Phase findet der körperliche Alkoholentzug statt. Während der 3 bis 7 Tage, die diese Etappe dauert, treten häufig starke körperliche und psychische Entzugserscheinungen auf. In schweren Fällen kann es empfehlenswert sein, diese Phase stationär zu bewältigen. In der Klinik kann mit Medikamenten unterstützt werden, was die unangenehmsten Erscheinungen verhindert. Bei regelmäßiger Betreuung, etwa durch einen Arzt, kann diese Phase unter Umständen auch ambulant gemeistert werden. Es existieren verschiedene Methoden und Medikamente, die die ambulante Situation begleiten und es besteht parallel oftmals die Möglichkeit zur Intervention durch einen Arzt oder Therapeuten.
Wer erst seit Kurzem missbräuchlich oder riskant viel Alkohol trinkt, benötigt in der Regel keinen körperlichen Entzug und kein Medikament zur Unterstützung.
Entwöhnungsphase / Rehabilitationsphase: Stabilität finden
Die Phase, die am längsten dauert und die sehr unterschiedlich gestaltet werden kann, ist die Entwöhnungsphase. Je nach Ausprägung der Alkoholsucht und abhängig von der Motivation des Betroffenen kann die Phase stationär oder ambulant erfolgen. Eine Möglichkeit besteht darin, dass der Patient eine kognitive Verhaltenstherapie gegen die Alkoholsucht bei einem niedergelassenen Psychotherapeuten in Anspruch nimmt. Das Ziel der Entwöhnungsphase ist es, den Betroffenen psychisch, körperlich und sozial zu stabilisieren.
Phase der Nachsorge: Schutz vor Rückfällen
In der Phase der Nachsorge geht es darum, den Suchtbetroffenen nachhaltig zu stabilisieren und das Risiko, rückfällig zu werden, zu minimieren. Viele Menschen nutzen in dieser Zeit die Möglichkeit, eine Verhaltenstherapie bei Alkoholproblemen zu beginnen. Der Besuch einer Selbsthilfegruppe trägt ebenfalls dazu bei, die Kontrolle über das Suchtverhalten zu behalten und auch in Krisenzeiten nicht wieder zur Flasche zu greifen. Alkoholsucht ist eine chronische Erkrankung – sie kann nicht geheilt werden. Betroffene sind aber durchaus dazu in der Lage, ihre Abstinenz dauerhaft aufrecht zu erhalten. Dazu müssen sie ihr Verhalten und ihren Lebensstil ändern. Die dafür benötigte psychologische Nachsorge muss langfristig konzipiert sein. Psychotherapie und insbesondere die kognitive Verhaltenstherapie sind erfolgreiche Mittel, langfristige Änderungen herbeizuführen, denn sie leisten wirkungsvolle “Hilfe zur Selbsthilfe”. Nach abgeschlossener Behandlung sind die Patienten in der Lage, sich selbst besser zu steuern. Häufig parallel auftretende psychische Störungen wie etwa Depressionen, Angststörungen oder eine psychosomatische Störung lassen sich mit Hilfe einer Psychotherapie ebenfalls behandeln.
Kognitive Verhaltenstherapie bei Alkoholismus
Den eigenen Alkoholismus zu überwinden ist eine Sache – die Abstinenz dauerhaft aufrecht zu erhalten eine ganz andere. Als chronische Krankheit hört der Alkoholismus nie auf zu wirken: Auch nach Jahren der Abstinenz ist ein Rückfall in die Sucht jederzeit möglich. Betroffene benötigen vor allem für bestimmte soziale Situationen ein Verhaltensrepertoire, das ihnen jederzeit hilft, den Alkoholkonsum konsequent zu verweigern – gegen den herrschenden sozialen Druck. In der Behandlung können Patienten üben, das passende Verhalten automatisch abzurufen. Sich ablehnend zu verhalten und sich dennoch nicht schlecht oder gar schuldig zu fühlen, ist für viele Menschen eine Herausforderung, die mit Hilfe der richtige Methode gemeistert werden kann.
Alkoholabhängigkeit in der Therapie dauerhaft überwinden
Darüber hinaus leistet die Verhaltenstherapie Unterstützung auch auf anderen Gebieten. In der Therapie lernt der Patient, ein besseres Selbstwertgefühl zu entwickeln, auf sich selbst und die eigenen Bedürfnisse zu achten. Gerade in der kognitiven Verhaltenstherapie erkennen die Patienten, nicht nur wie, sondern dass sie schwierige Situationen bestehen können. Sie gewinnen im Laufe der Therapie an Selbstwirksamkeitsgefühl und Kompetenzgefühl. Das wiederum unterstützt in Situationen, in denen die Menschen einsam und auf sich gestellt sind – und sehr leicht rückfällig werden.
Alkoholprobleme in größeren Zusammenhängen erkennen
Den Betroffenen wird durch die Therapie bewusst, welche Auslösebedingungen, welche Gedankenmuster und “inneren Glaubenssätze” ihr Suchtverhalten bedingen. Wer sich über die eigenen Muster bewusst ist, kann diese in einem zweiten Schritt ändern und durch positives Verhalten und Denken ersetzen. Dadurch gewinnen Betroffene die Fähigkeit, automatischen inneren Abläufen entgegenzusteuern und sich selbst und die eigenen Bedürfnisse besser zu erkennen. Die teils von früher Kindheit an gelernten Verhaltens- und Denkmuster sind charakterisiert durch:
- Interne und externe Reize, die bestimmte Verhaltensketten anstoßen
- Initiale versus verzögerter Wirkungserfahrung bei Suchtmitteln
- positive versus negative Konsequenzen des Konsums von Alkohol
Wer sich über die Wirkung und die Verkettung der erlernten Verhaltensweisen bewusst ist, hat die Basis dafür geschaffen, in Zukunft psychisch frei und selbstbestimmt zu leben.
Motivation & konkrete Hilfestellung durch die kognitive Verhaltenstherapie
Zentraler Aspekt der Verhaltenstherapie bei Alkoholproblemen ist die motivierende Gesprächsführung. Dazu gehört, dass Therapeut und Patient gemeinsam herausarbeiten, wo die Ressourcen des Patienten liegen, um daraus Zuversicht und Optimismus zu schöpfen. Die inneren Ressourcen können im weiteren Verlauf des Lebens dabei helfen, die Motivation zur Abstinenz dauerhaft aufrecht zu erhalten. In die Therapieplanung beziehen Therapeut und Patient außerdem persönliche Konflikte, Ängste und Wünsche mit ein und besprechen, welche psychischen oder gesundheitlichen Probleme eventuell zusätzlich belasten und krank machen. In diesem Zusammenhang können Patienten in der Therapie beispielsweise:
- funktionale Strategien zur Stressbewältigung lernen
- alternatives Verhalten zum Alkoholkonsum üben.
Von Bedeutung für die Verhaltenstherapie sind zusätzlich die sogenannten “psychoedukativen Gesprächselemente”. Das sind Informationen zum persönlichen Erkrankungsgeschehen und über die verschiedenen Symptome der Krankheit. Daneben erhalten Menschen, die betroffen sind, weitere Hilfestellungen: Dazu, wie und wo Gruppen- oder Gesprächstherapien oder medikamentös gestützte Behandlungsmöglichkeiten für sie erreichbar sind.
Nutzen Sie Beratung und Unterstützung bei Alkoholproblemen!
Sie können eine Psychotherapie auch dann beginnen, wenn Sie immer noch Alkohol konsumieren und die Abstinenz noch nicht erreicht haben. Sie müssen nicht warten, bis Sie die Phase des körperlichen Entzugs und die Entwöhnungsphase hinter sich haben. Für einen Teil der Alkoholabhängigen ist es außerdem möglich, statt einer Abstinenz das “kontrollierte Trinken” anzustreben – und auch dafür kann eine Therapie nötig sein. Bitte lassen Sie sich beraten, um herauszufinden, wie wir – Psychotherapeuten oder Beratungsstellen – am besten Unterstützung bieten können!